Plastikmüll, Mikroplastik, Weichmacher – die Folgen unseres gigantischen Verbrauchs an Kunststoffen sind schwerwiegend und noch gar nicht in jedem Detail abzusehen. Kunststoffe stehen zu Recht in der Kritik und werden an einigen Stellen bereits erfolgreich ersetzt.
Dennoch: Plastik ist leicht, vielseitig anzuwenden und kostengünstig herzustellen. Wenn man genau hinschaut und rechnet, schlägt Kunststoff an manchen Stellen sogar die vermeintlich grünere Alternative, zum Beispiel im Kampf Papiertüte vs. Kunststofftasche oder Glasflasche vs. Plastikflasche.
Im digitalen Großformatdruck ist Kunststoff absolut unverzichtbar. Neben Druckmaschinen und polymeren Tinten stehen hier insbesondere die Verbrauchsmaterialien, die Druckmedien im Fokus, die auf diversen Kunststoffen basieren: PET, PP, PVC, PE, PES, …
Doch Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff. PVC (Polyvinylchlorid) steht besonders stark in der Kritik. Was ist dran am PVC-Bashing? Ist PVC wirklich so gefährlich? Wo können wir PVC-freie Druckmedien einsetzen?
Wir gehen ins Detail und nehmen den Massen-Kunststoff PVC genauer unter die Lupe.
In eigener Sache:
Ehrlich und transparent: Auch com2C hat Druckmedien auf PVC-Basis im Sortiment. Für einige Anwendungen sind Alternativen noch zu teuer. Oder die teils aufwändige Entwicklung von Alternativen ist noch nicht abgeschlossen. Unser erklärtes Ziel ist es aber, unser Sortiment „grüner“ zu machen. PVC ist der schädlichste der gängigen Kunststoffe und damit der erste, den wir komplett ersetzen möchten. Für die Entwicklung von Alternativen brauchen wir aber an einigen Stellen noch etwas Zeit. Wir freuen uns über jedes PVC-freie Druckmedienangebot, das wir Ihnen schon heute machen können. Aktuell haben bereits 64% unserer Digitaldruckmedien umweltfreundliche Eigenschaften. Mehr dazu
Zur Geschichte: PVC im Laufe der Zeit
Polyvinylchlorid (Kurzzeichen PVC) ist ein thermoplastisches Polymer. Bereits 1835 hatte der französische Chemiker Henri Victor Regnault Polyvinylchlorid hergestellt. Er erkannte die Bedeutung seiner Entdeckung jedoch nicht. 1913 ließ Fritz Klatte die „Polymerisation von Vinylchlorid und Verwendung als Hornersatz, als Filme, Kunstfäden und für Lacke“ patentieren, nachdem er mit seiner Arbeit ein Jahr zuvor in der Chemischen Fabrik Griesheim-Elektron den Grundstein für die PVC-Herstellung gelegt hatte.
Schließlich sorgte der Rohstoffmangel während und nach dem ersten Weltkrieg für eine zunehmende Nutzung von PVC als Ersatzstoff. Seit 1928 wird Polyvinylchlorid in großtechnischen Anlagen hergestellt. Doch erst die Entdeckung, dass sich ein Abfallprodukt der chemischen Industrie zur PVC-Herstellung eignet, machte es schließlich zu einem billigen Massenprodukt.
Der Rohstoff Chlor entsteht als Nebenprodukt bei der Herstellung von Natronlauge. Da Natronlauge eine der am häufigsten verwendeten Labor- und Industriechemikalien ist, wurde die Herstellung von PVC noch günstiger.
PVC – die Fakten:
PVC lässt sich gut einfärben und nimmt kaum Wasser auf. Es ist beständig gegen einige Säuren und Laugen und bedingt beständig gegen Ethanol, Öl und Benzin. Angegriffen wird Polyvinylchlorid unter anderem von Aceton, Diethylether, Tetrahydrofuran (THF), Benzol, Chloroform und konzentrierter Salzsäure.
Handelsnamen für PVC waren und sind Ekadur, Decelith, Gölzalith, Vinidur, Trovidur, Hostalit, Lucalor, Corzan, Glastoferan (PVC-C) und Ekalit, Dekelith, Mipolam, Barrisol (Weich-PVC für Spanndecken), Igelit (Weich-PVC) und Piviacid (Faserstoff-PVC der DDR).
PVC wird unterteilt in Hart-PVC und Weich-PVC:
- Hart-PVC: PVC-U (Unplasticized). Verwendung für Fensterprofile, Abflussrohre uvm.
- Weich-PVC: PVC-P (Plasticized). Verwendung für Boden, Spielzeug, Schläuche, Kunstleder, Dichtungen, Planen, Rollenware uvm.
Additive und Weichmacher im PVC
Das an sich spröde und harte Polyvinylchlorid (PVC) wird erst durch Additive und Weichmacher zum perfekten Werkstoff für diverse Einsatzzwecke. Additive sorgen zum Beispiel für eine höhere Elastizität, bessere Biegefestigkeit, Flammschutz, Stabilisierung und eine höhere Lebensdauer.
Doch genau diese schädlichen Zusatzstoffe sind es, die das PVC gesundheitlich und umwelttechnisch bedenklich machen. Phthalate oder Bisphenol A zum Beispiel gelten als hormonell wirksam. Ihre Anwendung als Babyflasche wurde bereits verboten.
Problematisches PVC
PVC macht 13% des Kunststoffs aus, der in Deutschland verwendet wird (Angabe für das Jahr 2017*).
Problematisch sind die Zusatzstoffe, die den Werkstoff PVC überhaupt erst für viele Zwecke nutzbar machen. Die eingesetzten Additive und Weichmacher sind im Plastik nicht fest gebunden. Sie entweichen mit der Zeit und können sich in der Raumluft oder im Hausstaub anreichern.
Toxische Chemikalien und Mikroplastik belasten uns während Herstellung, Nutzung und Entsorgung von Kunststoff. Die Fracking-Flüssigkeit, die bei der Erdölförderung eingesetzt wird, enthält über 170 toxische Stoffe mit möglichen gesundheitlichen Folgen auf Immunsystem oder Organe. Während Raffinierung und Herstellung der erdölbasierten Grundsubstrate werden Benzol, Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe und Styrol freigesetzt. Während der eigentlichen Verarbeitung und Nutzung des PVC-Produkts werden Schadstoffe wie Schwermetalle, persistente organische Stoffe, Karzinogene, hormonell wirksame Substanzen und Mikroplastik an die Umwelt abgegeben.
Auch die Entsorgung von Polyvinylchlorid ist nicht unproblematisch. Bei Verbrennung bildet sich ätzender, gasförmiger Chlorwasserstoff. In Müllverbrennungsanlagen wird dieser zum Beispiel mit Kalk in den Rauchgasreinigungsanlagen neutralisiert. Die entstehenden Rückstände sind als gefährliche Abfälle einzustufen.
PVC in Druckmedien
Bei den Druckmedien steht PVC insbesondere für Planen und Selbstklebefolien noch immer hoch im Kurs. Gerade bei Hochleistungsfolien für den langfristigen Außeneinsatz ist PVC teilweise (noch) alternativlos. Ein weiterer Grund für die große Beliebtheit von PVC ist der günstige Preis.
Alternativen zu PVC
PVC ist ein sehr viel verwendeter Kunststoff, der dennoch als hochkritisch eingestuft werden muss. Der komplette Verzicht auf Kunststoffe ist in der Druckbranche derzeit (noch) nicht zu realisieren. Es gibt aber große Unterschiede in der Schädlichkeit der Materialien und umweltverträglichere Alternativen. Die Umstellung auf PVC-freie Druckmedien sollte ein mittel- bis langfristiges Ziel sein.
PVC-Austauschprodukte für Druckmedien können aus PET (Polyethylenterephthalat), PP (Polypropylen) oder PE (Polyethylen) sein.
PET ist ein thermoplastischer Kunststoff, der viel in der Lebensmittelindustrie verwendet wird und recht gute Recyclingraten erzielt: Reines PET kann vollständig recycelt werden. Neue Forschungsprojekte untersuchen bereits den Abbau von PET durch bakterielle Zersetzung. Blockout- und Backlitfilme können aus PET hergestellt werden.
PP und PE gehören zur Gruppe der Polyolefine und sind chemisch ähnlich.
PP ist frei von Weichmachern und kostengünstig herzustellen. Die thermische Verwertung von PP ist wenig problematisch, da der Stoff unter den Bedingungen moderner Anlagen restlos zu Kohlendioxid verbrennt.
PE ist etwas weniger hitzebeständig als PP. Es enthält keine gefährlichen Weichmacher oder Schwermetalle und stellt daher kein gesundheitliches Risiko dar. PE gilt als unschädlich und ist zu 100 Prozent recycelbar. Bei der Herstellung von PE werden im Vergleich zu PVC weniger Ressourcen benötigt.
*Quellen: Wikipedia, Plastikatlas des BUND
https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/chemie/chemie_plastikatlas_2019.pdf